Die Zukunft des Spritzgießens

Online-Support, Fernwartung, Augmented Reality – diese neuen Möglichkeiten werden noch nicht breit genutzt. Was sind die jüngsten Meilensteine auf diesem Gebiet?

Die Digitalisierung ist ein Entwicklungsschwerpunkt von ENGEL. Pro Jahr investieren wir einen zweistelligen Millionenbetrag in die Digitalisierung. Gerade im Bereich Service hat sich in den letzten Jahren viel getan. Zahlreiche neu installierte Spritzgießmaschinen sind bereits online, und es werden stetig mehr. Durch die steigende Anzahl von digitalen Applikationen erhöht sich automatisch die Konnektivität der Maschinen. Covid-19 hat diese Entwicklung beschleunigt. Denn Online-Support und Remote Maintenance sind wichtige Schlüssel, die Produktivität und Lieferfähigkeit auch im Falle von Krisen abzusichern.

Während der Pandemie, als Serviceeinsätze vor Ort nicht im gewohnten Umfang möglich waren, haben wir im Rahmen unseres Online-Supports sehr gute Erfahrungen mit Videotelefonie gemacht. Unser neues Angebot e-connect.expert view ist daraus entstanden. Hat der Servicetechniker von ENGEL im klassischen Online-Support Zugriff auf die Steuerungsoberfläche der Spritzgießmaschine in Echtzeit, liefert die neue Webapplikation mittels Video zusätzliche Informationen zum Status der Maschinenkomponenten und zur Umgebung der Spritzgießmaschine. Rund drei Viertel aller akuten Servicefälle lassen sich auf diese Weise aus der Ferne lösen. Die Fehlersuchzeiten reduzieren sich um 70 Prozent.

Die Videotelefonie ist sowohl über Smartphone und Tablet als auch eine Augmented Reality (AR)-Brille möglich. Voraussetzung ist lediglich eine Internetverbindung.
Die ersten Kunden von ENGEL arbeiten bereits mit AR-Brillen, und das Interesse an der neuen Technologie ist generell gegeben. Der Vorteil einer AR-Brille ist, dass beide Hände für Arbeiten an der Maschine frei bleiben. Außerdem können in Form von Text, animierten Objekten oder kurzen Videosequenzen zusätzliche, die gemeinsame Arbeit unterstützende Information eingeblendet werden.

engel-iq-process-observer

Auch im Bereich der Künstlichen Intelligenz beobachtenwir eine schnelle Entwicklung, von der wir bislang vor allem im gesellschaftlichen Umfeld profitieren. Bleiben wir in unserer Branche. Welche Rolle spielt KI in der Spritzgießindustrie?  

Künstliche Intelligenz eröffnet auch in der Spritzgießverarbeitung neue Möglichkeiten. Eine erste Anwendung für Spritzgießmaschinen ist der iQ process observer von ENGEL, mit dem wir uns weiter der sich selbst regelnden Spritzgießmaschine nähern. Wir sammeln anonymisierte und generalisierte Daten aus Analysen von Kunden, die uns explizit dafür ihre Freigabe geben. Entsprechend können wir für die Weiterentwicklung des iQ process observers bzw. für das Training der künstlichen Intelligenz die gesammelten Erfahrungen einer breiten installierten Basis heranziehen. Unsere Kunden profitieren durch die kontinuierliche Verbesserung der Software.

Zum Abschluss unseres Interviews möchte ich Sie bitten, in die Rolle des Visionärs zu schlüpfen. Wie wird die Spritzgießverarbeitung in 20 oder 30 Jahren aussehen?

Die Verarbeitungsprozesse werden intelligent und transparent sein. Damit stellen wir einen äußerst sparsamen Umgang mit Energie und Rohstoffen sicher und führen Kunststoffe im Kreislauf.

Bis dahin gilt es, die Unternehmen der Kunststoffindustrie entlang der vollständigen Wertschöpfungskette noch stärker zu vernetzen.

Applikationen, wie ENGEL e-connect.24 für die Fernwartung und den Online-Support, laufen heute vor allem auf so genannten vertikalen Plattformen. Vertikal meint die digitale Abbildung einer Anlage oder Produktionszelle innerhalb einer einzelnen Wertschöpfungsstufe. Dieser „digitale Zwilling“ beschreibt die Anlage und ihr Verhalten anhand von Daten und legt damit die Basis für Optimierungen.

Mit dem Übergang auf horizontale Plattformen, der von ENGEL und weiteren Unternehmen der Kunststoffindustrie aktiv vorangetrieben wird, vernetzen wir diese Applikationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette und tauschen Informationen und Daten unternehmensübergreifend aus. Davon profitiert die Kreislaufwirtschaft, und wir werden Materialien nicht mehr länger downcyclen müssen, sondern erreichen ein wirkliches Re- oder sogar ein Upcycling. So ermöglicht beispielsweise ein digitales Wasserzeichen, das unsichtbar auf Verpackungen angebracht wird, das gezielte Sortieren von Kunststoffabfällen und damit ein sortenreines, hochwertiges Recycling. Über das Wasserzeichen werden das Material, der Verpackungshersteller und der Verarbeitungsprozess identifiziert. Diese Daten stehen allen Teilnehmern und Nutzern der horizontalen Plattform zur Verfügung, um den Recyclingprozess sowie die darauffolgende Verarbeitung des Rezyklats im Sinne einer maximalen Ressourceneffizienz zu steuern und aufeinander abzustimmen. Auf diese Weise gestalten wir gemeinsam mit unseren Kunden und Partnern eine nachhaltige Kunststoffindustrie.

Jacek Leszczyński

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