Wie Digitalisierung die Kreislaufwirtschaft unterstützt

Wie Digitalisierung die Kreislaufwirtschaft…

Digitale Technologien haben großes Potenzial, um die Recyclingquote von Kunststoffverpackungen zu erhöhen – sei es für die Rückverfolgung oder zur Identifikation in den Sortieranlagen.

Materialhersteller und Chemieunternehmen arbeiten in unterschiedlichen Projekten und Initiativen unter Hochdruck daran, Kreisläufe für Kunststoffe zu schaffen. Bündnisse wie die Alliance to End Plastic Waste, die Circular Plastics Alliance, die Global Plastics Alliance oder das HolyGrail Project erforschen neue Technologien, für das Recycling der Zukunft. Denn in einem Punkt sind sich Industrie, Gesellschaft und Politik einig: Kunststoffe werden noch in zu geringen Mengen recycelt. Von den 2018 global erzeugten 360 Millionen Tonnen an Kunststoffen wurden gerade einmal 50 Millionen Tonnen für das Recycling sortiert, so die Studie „Global Plastics Flow“, die von der Conversio Market & Strategy GmbH in Zusammenarbeit mit Verbänden der Global Plastics Alliance sowie weiteren Institutionen durchgeführt wurde. Natürlich betrifft das nicht nur Verpackungen. Doch ein großer Teil der 36 Millionen Tonnen Kunststoffe, die der Studie zufolge nicht sachgemäß entsorgt werden, beinhaltet Verpackungsabfälle. Das widerspricht dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft, auf die für die Zukunft große Hoffnungen gesetzt werden. Hat eine Verpackung ihre Aufgabe erfüllt und landet im Abfall, sollte sie als Ressource betrachtet und möglichst in einem geschlossenen Stoffkreislauf wiederverwendet werden. Eine lückenlose Rückverfolgung des Materials kann dabei das Management des Stoffstroms erleichtern und optimieren. Digitale Lösungen werden dabei eine Schlüsselrolle spielen.

Rückverfolgung von Stoffströmen

Das Projekt Circular Plastics Economy will unter Einsatz digitaler Hilfsmittel beispielsweise aufzeigen, wie Energie- und Materialströme einer Wertstoffkette in eine zirkuläre Wirtschaftsform überführt werden können. Dazu werden spezielle Systemleistungen mit und für die Kunststoffindustrie einschließlich der an sie angeschlossenen Konsumgüter- und Handelsunternehmen und der Kreislaufwirtschaft entwickelt. Ziel ist es, das werk- und rohstoffliche Recycling mittels fortschrittlicher Technologien und digitaler Systeme zu stärken. Dazu gehört auch Werkstoffe und Produkte über ihren Lebensweg digital zu verfolgen, damit Produzenten und Recycler schneller und besser über effektive Kreislaufoptionen entscheiden können.

Das Projekt DiLink verfolgt einen ähnlichen Ansatz: Hier werden Technologien entwickelt und Infrastrukturen aufgebaut, die helfen sollen, Potenziale zum Einsatz von Kunststoffrezyklat auszuschöpfen. Mengen- und Qualitätsprobleme bei Rezyklaten sollen damit behoben werden. Diesen Hemmnissen wird auch durch den Einsatz digitaler Instrumente, wie Online-Handelsplattformen für Kunststoffabfälle und -rezyklate oder digitale Prozessmesstechniken entgegengetreten.

Leichtere Identifikation von Materialien

Neben dem Management von Stoffkreisläufen kann die Digitalisierung aber auch die Ergebnisse in den Sortieranlagen optimieren. Als Beispiel nennt Matthias Giebel vom Beratungsunternehmen Berndt+Partner das HolyGrail Project. Das Projekt wurde auf der vergangenen FACHPACK als Gesamtsieger mit dem Sustainability Award ausgezeichnet. Namhafte Unternehmen haben sich darin zusammengeschlossen, um Kunststoffe in den Recyclinganlagen besser sortieren zu können. Dazu werden digitale Marker eingesetzt. „Die derzeit noch zu schlechte Recyclingquote in Deutschland hängt unter anderem mit der mangelhaften Sortiereffizienz zusammen“; erklärt Giebel. „Bei heutigen Verpackungen gib es aufgrund des Materialmixes, also des Verbunds verschiedener Verpackungstypen, hohe Unsicherheiten“, so Giebel weiter. Mit digitalen Wasserzeichen wie dem von Digimarc ließen sich verschiedene Werkstoffgruppen effizient erkennen und aussortieren. Die Technologie des amerikanischen Unternehmens soll es nun auch den am HolyGrail Project beteiligten Unternehmen ermöglichen, dass ihre Kunststoffverpackungen in den Abfallanlagen besser erkannt und einem Recycling zugeführt werden können. „Ziel ist es, hochwertige Rezyklate zu erhalten, um damit fossile Rohstoffe zu ersetzen. Bisher besteht z.B. eine der wenigen mengenrelevanten und zuverlässigen Quellen für hochwertiges PET aus dem Recycling von PET-Getränkeflaschen und diese Mengen werden diesem Kreislauf für Einmalanwendungen entzogen“, sagt Giebel. Die Nachfrage nach dem Recyclingmaterial dürfte in Zukunft aber zu Engpässen führen. Die Kreislaufwirtschaft würde dann schon am Mangel an Rezyklaten scheitern. Die niedrigen Ölpreise und die damit sinkenden Kunststoffpreise für Rohstoffe aus Petrochemieanlagen wirken sich zusätzlich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der Recyclingmaterialien aus. Giebel ergänzt, dass es in Deutschland bereits eine effiziente Recycling-Infrastruktur gäbe. „Für das Recyceln von Kunststoffen müssen allerdings Anreize geschaffen werden, um diese ‚Übergangsbauchschmerzen‘ zu überwinden. Das heißt, dass nicht recyclingfähige Neuware durch regulative Rahmenbedingungen eine Preissteuerung erfahren (Bonus-/Malus-Regelung)“, argumentiert Giebel. Mit Blick auf den Green Deal der Europäischen Kommission ist der Partner bei B+P allerdings zuversichtlich, dass der Handlungsdruck in der Politik erkannt wurde: „Der Green Deal ist marktwirtschaftlich aufgestellt und zeigt, dass Nachhaltigkeit auch in einem wirtschaftlichen Umfeld realisiert werden kann. Es müsste allerdings schneller gehen.“ Nur wenn es Planungssicherheit für die Recycler gäbe, würden diese auch in die neuen Technologien investieren und damit ausreichende Mengen an recycelten Kunststoffarten zu marktfähigen Preisen bereitstellen.

Kunststoffe sind durch ihre Materialeigenschaften eigentlich prädestiniert für das Recycling. Die Infrastruktur und die Technologien sind vorhanden und wie die zahlreichen Initiativen und Projekte zeigen, auch der Wille, eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren.